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Wie kann man Atemalkohol messen?

Bild 11: Zeitliche Abnahme der Atemalkoholkonzentration nach Aufnahme alkoholischer Substanzen (Quelle der Diagramme: Prof. Siemeyer, Fachhochschule Gießen-Friedberg)

Bei der Bestimmung der Atemalkoholkonzentration wird zwischen einem Vortest und einer gerichtsverwertbaren (Evidential-) Analyse unterschieden. Ein Vortest dient den Polizeibeamten auf der Straße als objektive Entscheidungshilfe, ob nach Überschreiten des Grenzwertes anschließend eine gerichtsverwertbare Atemalkoholanalyse durchgeführt oder eine Blutprobe entnommen werden muss.

Alkohol-Vortests werden mit Alcotest-Prüfröhrchen, in denen sich Chemikalien durch den Atemalkohol verfärben, oder mit elektronischen Handmessgeräten durchgeführt. Das bekannte Alcotest „Pusteröhrchen“ mit dem Messbeutel ist die wohl älteste Methode zum Nachweis von Alkohol bei einem Vortest. Die Anforderungen an Genauigkeit, Schnelligkeit und Testhäufigkeit sowie effektive und wirtschaftliche Handhabung sind jedoch im Laufe der Jahre erheblich gestiegen. Ein Vortest muss schnell durchgeführt werden können und genaue Ergebnisse liefern. Dafür werden heute weitgehend elektronische Geräte verwendet.

 

Evidentialmessung

Nach einem positiven Vortest muss eine gerichtsverwertbare Alkoholanalyse durchgeführt werden. Dazu hat der Gesetzgeber in Deutschland im § 24a des Straßenverkehrsgesetzes für die beiden Verfahren der Atem- und der Blutalkoholanalyse zwei gleichberechtigte eigene Grenzwerte festgelegt. Die Atemalkoholkonzentration (AAK), eine Gaskonzentration, wird in Milligramm Ethanol je Liter Atemluft (mg/l) angegeben. Die Blutalkoholkonzentration (BAK), eine Flüssigkeitskonzentration, wird in Promille (‰) angegeben und bedeutet die Ethanolmenge in Gramm je Liter Blut. Im Straßenverkehrsgesetz wird der Grenzwert bei einem BAK-Wert von 0,5 Promille (‰), der entsprechende eigenständige Grenzwert für die Atemalkoholkonzentration bei einem AAK-Wert von 0,25 Milligramm pro Liter (mg/l) Atemluft festgelegt. 

 

Atemalkoholkonzentration – die bessere Messgröße

Auch wenn die Grenzwerte für beide Verfahren im Straßenverkehrsgesetz juristisch gleichberechtigt sind, so stellt doch die Atemalkoholkonzentration für die tatsächliche Beeinträchtigung des Fahrverhaltens eine unmittelbarere Messgröße dar. Dies folgt aus dem Weg, den der Alkohol im Körper nimmt. Von der Stelle, an der die Atemprobe aus der Lunge entnommen wird, transportiert das Blut den Alkohol über das Herz direkt zu den Arterien des Gehirns, wo der schnelle Anstieg der Alkoholkonzentration die Reaktionsfähigkeit beeinträchtigt. Bis zur Entnahme der Blutprobe aus dem venösen Blut der Armbeuge jedoch verteilt sich das alkoholhaltige Blut erst im Gewebe des ganzen Körpers. Ein weiterer Vorteil der Atemalkoholanalyse ist die direkte Bestimmung des Alkoholgehaltes mit sofortiger Dokumentation des Ergebnisses – auch direkt vor Ort.

 

Messung der Atemalkoholkonzentration

Atemalkoholmessgeräte ermitteln die Atemalkoholkonzentration heute meistens mit zwei verschiedenen Messsystemen, einem Infrarotsensor oder einem elektrochemischen Sensor. Vortestgeräte wie das bei der Polizei weit verbreitete Dräger Alcotest 6510 verwenden das elektrochemische Messsystem. In Evidentialmessgeräten wie dem Dräger Alcotest 7110 werden auch beide Messsysteme gleichzeitig eingesetzt. Durch die Verwendung von zwei Messsystemen unterschiedlicher analytischer Spezifität erkennt das Gerät besonders zuverlässig eventuell anwesende Fremdsubstanzen im Atem, die das Ergebnis in irgendeiner Form beeinflussen könnten, zum Beispiel Benzin- oder Lackdämpfe sowie Schnüffelgase.

 

Elektrochemisches Messsystem

Das Probenahmesystem eines elektrochemischen Messsystems (Bild 5) befördert eine Luftprobe genau festgelegten Volumens zu dem elektrochemischen Sensor (Bild 6). Der Sensor bestimmt selektiv und mit hoher Genauigkeit den Ethanolgehalt der Atemprobe.
In dem Sensor befindet sich eine mit Elektrolyt getränkte Membran, die die Messelektrode und die Gegenelektrode trägt. Der Elektrolyt und das Elektrodenmaterial sind so gewählt, dass der zu analysierende Alkohol an der Katalysatorschicht der Messelektrode elektrochemisch oxidiert wird.
Dabei fließen die bei der Reaktion an der Elektrode frei werdenden Elektronen über die Anschlussdrähte als Strom in die Geräteelektronik ab (Bild 7). Mit der Auswertung des Sensorstroms wird die gesamte bei der elektrochemischen Reaktion umgesetzte elektrische Ladung bestimmt, die von der Alkoholmenge in der Probenahmekammer abhängt. Dieses coulometrische Messverfahren verleiht dem Sensor seine besondere Langzeitstabilität.
Der elektrochemische Sensor reagiert sehr spezifisch nur mit Alkoholen. So kann zum Beispiel Aceton, das in der Atemluft von Diabetikern oder bei Hungerkuren vorkommt, das Messergebnis nicht verfälschen, da die Gruppe der Ketone an den Elektroden nicht reagiert. Dadurch werden falsch-positive Messungen verhindert.

 

Infrarot-Messsystem

In einem infrarotoptischen Sensor (Bild 8) sendet eine Lichtquelle im infraroten – für das menschliche Auge nicht sichtbaren – Spektralbereich Licht verschiedener Wellenlängen (Farbe) aus. Das Licht durchtritt zwei Fenster und ein Interferenzfilter, das nur für eine bestimmte Wellenlänge durchlässig ist. Ein Detektor misst die Intensität des ankommenden Lichts und übermittelt ein entsprechendes Signal an die Geräteelektronik. Befindet sich zwischen den beiden
Fenstern ein Gas, das einen Teil des Lichtes einer bestimmten Wellenlänge verschluckt (absorbiert) – zum Beispiel Ethanol –, nimmt die Lichtintensität am Detektor und damit sein elektrisches Ausgangssignal ab. Diese Abnahme ist umso stärker, je größer die Alkoholkonzentration ist, und ist somit ein Maß für die Alkoholkonzentration.

 

 

 

Atemtemperatur

Die Alkoholkonzentration in der ausgeatmeten Luft (AAK) steigt mit zunehmender Körpertemperatur und damit zunehmender Atemtemperatur an, da bei höherer Körpertemperatur in der Lunge mehr Alkohol aus dem arteriellen Lungenblut in die Lungenluft verdampft. Dies geschieht nach einem festen physikalischen Zusammenhang, dem Henry-Gesetz. Ferner wird bei zunehmender Körpertemperatur die Ausatemluft in den oberen Atemwegen weniger an Alkohol verarmt. Deshalb wird für Evidentialmessungen der Atemalkoholkonzentration in einigen Ländern (zum Beispiel in Deutschland) gefordert, dass die Atemtemperatur bei der Abgabe einer Atemprobe gemessen wird. Bei der Berechnung des Messergebnisses wird dann die Atemalkoholkonzentration mit Hilfe der Atemtemperatur-Sensoren immer auf eine feste Ausatemtemperatur von 34 °C bezogen, damit zum Beispiel Personen mit erhöhter Körpertemperatur nicht durch ein dadurch erhöhtes Messergebnis benachteiligt werden 

 

Atemtechnik, Hyper- und Hypoventilation

Die Atemtechnik unmittelbar vor der Abgabe der Atemprobe und die Umgebungstemperatur haben ebenfalls einen Einfluss auf die Messung der Atemalkoholkonzentration am Ende des Ausatemvorgangs, da zum Beispiel bei Hyperventilation (übermäßiger Atmung) oder tiefen Umgebungstemperaturen der Mund- Rachen-Raum und die Luftröhre gegenüber normalen Bedingungen abgekühlt werden. Damit sinkt die Atemtemperatur und in Folge die unkorrigierte Atemalkoholkonzentration ab. Ebenso führen Hypoventilation (abgeflachte Atmung) oder hohe Umgebungstemperatur zu einer Erhöhung der Atemtemperatur und somit der unkorrigierten Atemalkoholkonzentration. Wird hingegen das Endergebnis mit Hilfe der gemessenen Atemtemperatur korrigiert und auf eine Atemtemperatur von 34 °C bezogen, haben die Atemtechnik und die Umgebungstemperatur keinen Einfluss mehr auf das Messergebnis.

 

Mundalkohol

Nimmt der Proband kurz vor der Messung der Atemalkoholkonzentration eine alkoholhaltige Substanz zu sich (zum Beispiel Pralinen oder Mundspray), nimmt die Atemluft zusätzlich zu dem Alkohol aus der Lunge auch Alkohol aus diesen Substanzen im oberen Mund-Rachen-Raum auf. Dadurch steigt die in der Atemluft gemessene Alkoholkonzentration über den Wert in der Lungenluft an. Dieser Anstieg geht jedoch durch Aufnahme des Mundrestalkohols mit dem Speichel oder durch Resorption im Körper innerhalb weniger Minuten vollständig zurück (Bild 11). Durch Einhalten einer Kontrollzeit von mindestens zehn Minuten vor dem Messzyklus und eventuell durch den Vergleich der Ergebnisse von zwei Einzelmessungen im Abstand von zwei bis fünf Minuten kann eine Beeinflussung des Endergebnisses durch Mundrestalkohol ausgeschlossen werden.

 

Zuverlässigkeit der Messergebnisse

Die technische Entwicklung der verschiedenen Messsysteme zur Bestimmung der Atemalkoholkonzentration ist heute sehr weit fortgeschritten. Dadurch kann die Zuverlässigkeit auch unter schwierigen Bedingungen sichergestellt werden. Durch die exakte Technik ist der genaue, unmissverständliche Nachweis von Alkohol möglich. So können Risikosituationen ausgeschaltet und Gefahren vorgebeugt werden.
Dr. Johannes Lagois