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Die faszinierende Welt des Web 2.0

Definition Web 2.0 beziehungsweise Social Web

Entgegen dem Glauben vieler Nutzer ist das Web 2.0 keine neuere Version des Internets, wie es bei Softwareentwicklungen üblich ist. Der durch das Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 entstandene radikale Wandel im Internet führte 2004 anlässlich einer Brainstorming Session des O’Reilly Verlags zum Begriff Web 2.0. Vizepräsident Dale Dougherty benutzte den Begriff, um die neuerlichen Entwicklungen nach dem Crash der New Economy zu charakterisieren10. Der Wandel im Internet wurde auch von vielen anderen Unternehmen wahrgenommen, sodass der Begriff Web 2.0 enthusiastisch aufgenommen und als Markenlabel für weitere Innovationen genutzt wurde. In einer Präzisierung wurden dem Web 2.0 insgesamt sieben Kernaspekte zugeordnet. Eine ausführliche Betrachtung führt an dieser Stelle zu weit, jedoch kann man diese Entwicklungen zusammenfassen und sagen, dass gegenüber dem Web 1.0 nicht der Betreiber der Webseite die Inhalte gestaltet, sondern dass in einem Mitmach-Netz die Anwender selbst den Inhalt erstellen (sog. User Generated Content), wie z. B. bei den Plattformen YouTube oder Facebook. Es ging nun darum, dass jeder Nutzer des Internets mitmachen konnte und seine eigenen Inhalte, sei es Musik, Bilder oder Videos erstellen und ins Netz hochladen konnte. Dies geschieht aber nicht isoliert, sondern eingebettet in soziale Kontexte mit anderen Usern mit dem Ziel, Verbindungen zwischen Menschen herzustellen und „…unter Ausnutzung von Netzwerk- und Skaleneffekten indirekte und direkte zwischenmenschliche Interaktion (Koexistenz, Kommunikation, Koordination, Kooperation) auf breiter Basis zu ermöglichen und die Beziehungen ihrer Nutzer im World Wide Web abzubilden und zu unterstützen“23. Diese Interaktionsformen und die Unterstützung sozialer Strukturen durch Anwendungen des Web 2.0 prägten den Begriff des Social Web. Die Begriffe Social Web, Social Software und Social Media werden im Zusammenhang mit dem Web 2.0 in unterschiedlichen Kontexten benutzt, sind aber in hohem Maße konvergent. Der Begriff Social Web stützt sich auf eher webbasierte Angebote. Social Media kann ebenfalls webbasiert sein, meint oft das Gleiche, lenkt den Fokus aber eher auf die mediale Seite. Social Software legt den begrifflichen Schwerpunkt auf die Programmierung und die Abgeschlossenheit einer Softwareanwendung, die soziale Funktionalitäten beinhaltet. Für den vorliegenden Beitrag werden diese Begriffe synonym verwendet. Dies führt zu einer Definition von Social Web als „…(im Sinne des WWW) webbasierten Anwendungen, die für Menschen, den Informationsaustausch, den Beziehungsaufbau und deren Pflege, die Kommunikation und die kollaborative Zusammenarbeit, in einem gesellschaftlichen oder gemeinschaftlichen Kontext unterstützen, sowie den Daten, die dabei entstehen und den Beziehungen zwischen Menschen, die diese Anwendungen nutzen“24. Wie aus Abbildung 2 naturgemäß ersichtlich wird, ist die Kommunikation das grundlegende Kontinuum, auf dem die sozialen Interaktionen stattfinden. Je nach dem, welche Funktionalität der Anwendung in einem sozialen Kontext im Vordergrund steht, ist die Verortung im Kontinuum in Richtung einer bestimmten kommunikativen Funktion zu sehen. Ebersbach unterscheidet als grundlegende Funktionen zwischen

  • dem Informationsaustausch, als Verteilung von medialen Objekten und deren Publikation,
  • dem Beziehungsaufbau und dessen Pflege, somit das Kennenlernen, die Informationsgewinnung über Personen und deren Wiederfinden im Netz und 
  • der kollaborierenden Zusammenarbeit an Projekten oder Themen zur Generierung von Erkenntnissen oder Wissen24. So ist ein soziales Netzwerk wie Facebook auf Beziehungsaufbau und -pflege ausgerichtet und ein Wiki naturgemäß eher als Kollaborations- oder Kooperationsplattform zu verstehen. Durch die permanente Weiterentwicklung dieser Anwendungen erhalten sie immer umfassendere Funktionalitäten, so dass die Grenzen immer mehr verschwimmen. Unterschiedliche Interaktionsformen können auch mehreren Zwecken dienlich sein, z. B. ist der Bildertausch zunächst Informationsaustausch im Weiteren aber auch Beziehungspflege.

Das Phänomen Wiki

Der Begriff Wiki leitet sich ab von dem hawaiianischen Wort „wikiwiki“, was so viel wie „schnell“ oder „sich beeilen“ bedeutet. Ein Wiki ist zunächst einmal eine Art internetbasierte Form eines Textverarbeitungssystems, welches eine einfache Eingabe und Dokumentation von Text ermöglicht. Dieses Dokumentationssystem sollte in der Lage sein, schnell und unkompliziert Inhalte produzieren und publizieren zu können. Der Entwickler Ward Cunningham erstellte aus Unzufriedenheit über die Möglichkeiten bestehender Dokumentationssysteme bereits 1995 eine erste Form eines webbasierten Wikis. Die Idee für die Bezeichnung hatte er, als er mit dem gleichnamigen Shuttlebus vom Flughafen Honolulu zum Strand fuhr. Er beabsichtigte, dass mehrere Programmierer an unterschiedlichen Orten ohne großen Aufwand, durch Publizierung des Softwarecodes im Internet, gemeinsam diesen bearbeiten und testen zu können. Das eigentlich Geniale an dieser Idee war, dass im Mittelpunkt ein gemeinsam zu erarbeitender Text steht, der von allen Autoren gleichberechtigt auf einfache Art und Weise erstellt und gepflegt werden kann. Kennzeichnend für Wikis ist, dass sie dem Wissensaustausch dienen, die gemeinsame Arbeit an einem Thema, also die Kollaboration fördert und auch beziehungsbildend ist. Im Einzelnen

  • kann jeder Nutzer im Internet zunächst gleichberechtigt die Inhalte eines Wikis editieren, entweder anonym oder mit einer Benutzerkennung;
  • ist die Struktur und innere Ordnung eines Wiki von den Nutzern frei wählbar; wird eine Historie der Änderungen im System angelegt, um Missbrauch und Chaos vorzubeugen;
  • können Beiträge nachverfolgt, korrigiert und gelöscht werden;
  • gibt es i. d. R. verschiedene Berechtigungsstufen vom Autor bis zum Seitenadministrator, welche die missbräuchliche Verwendung von Wikis verhindern;
  • sind Wikis aufgrund ihrer einfachen Bearbeitungsmöglichkeiten von hoher Aktualität;
  • erzeugen sie bei den Nutzern Interaktion untereinander, Kollaboration und Motivation;
  • erhalten Autoren auf Dauer eine entsprechende Reputation in der Community, wenn sie nutzwertige Artikel in einem Wiki erfassen;
  • führt diese Art des Publizierens im Erfolgsfalle zu einer intrinsischen Motivation und dauerhaften Aktivität der beteiligten Akteure24.

Die bekannteste Plattform dürfte die Online- Enzyklopädie Wikipedia sein. An ihr und der Idee der Wikis wurde kritisiert, dass die Beiträge von anonymen Autoren nicht kontrolliert werden könnten und es daher zu vielen Falscheinträgen käme. Sicherlich gab und gibt es Versuche, aus unterschiedlichsten Motiven heraus, Beiträge in Wikis zu verfälschen, zu verändern oder zu löschen. Sei es, dass man für ein Unternehmen oder eine Organisation verwerfliche oder peinliche Details beschönigen möchte, politische Aussagen oder Ereignisse anders darzustellen versucht oder dass bewusst Falschinformationen eingestellt werden.