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Warum ein Schuh passt

Bild: HAIX

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Komfort ist eine Funktion der Passform und die Sicherheit das Detail dahinter

 

Wissen Sie worauf ich achte, wenn wir für mein fünfjähriges Töchterlein neue Stiefel kaufen? Klar, das Material, die Verarbei­tung, das Fußbett, die Sohle und natürlich auch die Optik sind wichtig. Aber da gibt es ein paar andere Details, die einem ge­lernten Schuh-Modelleuer wie mir enorm wichtig sind. Kinderfüße sind extrem empfindlich. Also sehe ich mir die Konst­ruktion des Vorderschuhs an: Wie ist zum Beispiel die Öffnung für die Schnürung gestaltet. Wie weit reicht der Verschluss über den Rist nach vorne? 

 

Warum das wichtig ist? Nun, die Anpas­sung an den Knöchel ist im Normalfall überall einigermaßen ordentlich gelöst. Mit Klettverschluss, Schnürung oder auch Reißverschluss. Vorne aber, am Rist, trennt sich die Spreu vom Weizen. Dort sind die Stiefel häufig viel zu hoch geschlossen.

 

Man sieht sofort, oder spätestens auf den zwei­ten Blick: Es zwickt, es spannt, es passt nicht. 

 

Da hat jemand einen Schuh konstruiert, dem Anatomie und Orthopädie nicht wirk­lich wichtig waren. Einer, dem schönes Aus­sehen wichtiger war als gesunde Funktion und komfortables Trageverhalten. 

 

So ein Schuh ist von seiner Konstruktion her viel zu unflexibel aufgebaut, um ihn entsprechend individuell an die Fußform anzupassen. Dabei kommt es gerade hier auf die individuelle Anpassungsmöglichkeit an. Denn selbst wenn die Sohlenbreite für den Fuß eher knapp sein sollte, sorgt diese Variable für den entscheidenden Puffer, die entscheidende Funktion. Der Schuh kann sich dort ausdehnen, wo der Fuß Platz braucht. 

 

Natürlich sind das kleine Details, aber mit großer Wirkung. Für die Füße bedeuten sie das entscheidende Plus an Komfort. Und das gilt nicht nur für Kinderfüße. 

 

Wer einen Schuh den ganzen Tag im Arbeitseinsatz trägt, merkt dieses professio­nelle Konstruktionsprinzip meist nur dann, wenn sein Schuh diese Kriterien nicht erfüllt und die Füße abends schmerzen, mögli­cherweise der Rücken plagt oder die Ge­lenke weh tun. 

Im Konstruktionsprinzip eines Schuhs sind die meisten seiner Tragequalitäten bereits fest verankert. Gute Fußführung, Gelenk­stütze, Flexibilität in den entscheidenden Be­reichen, Abrollverhalten, Klimakomfort und nicht zuletzt die individuellen Anpassungsmöglichkeiten. Qualitäts-Hersteller stecken dafür ein Menge Know-how und finanzielle Mittel in Forschung und Entwicklung. 

 

Der Chef eines bekannten bayerischen Funktionsschuhherstellers sagte einmal: „Ein guter Schuh ist der, an den man den ganzen Tag lang nicht denkt, weil er seinem Träger ein optimales Gefühl von Sicherheit vermittelt und so komfortabel passt, dass man ihn abends eigentlich gar nicht auszie­hen will.“ 

 

Anatomisch geformter Leisten 

Bis es soweit ist, bedarf es allerdings noch deutlich mehr, als „nur“ einer professionel­len Grundkonstruktion. Voraussetzung ist ein anatomisch geformter Leisten. Über diese modellierte Fußform wird der Schuh bei der Produktion aufgebaut. Ein durch­schnittlicher Leisten passt für etwa 30 bis 50 Prozent der Fußformen. Ein Top-Schuhproduzent stellt weit höhere Ansprüche an sich selbst. Trotz aller Anstrengungen passt nicht jeder Schuh sofort an jeden Fuß. Das hat zum einen zu tun mit den unterschied­lichen Fußformen, zum anderen aber auch mit individuellen Tragegewohnheiten. 

 

Ein hoher Rist fügt sich anders in den Schuh ein als ein eher flach aus­geprägter. Und ein schlanker Fuß findet anders Halt als ein eher breit gebauter. 

 

Wer die Stiefel lieber eng geschnürt trägt, wird die Passform nicht genau so empfinden wie einer, der ein lockeres Tragegefühl be­vorzugt.

 

Wichtig ist, dass beide mit möglichst maximalem Komfort unterwegs sind. Aber auch mit der gleichen Sicherheit. 

 

Die Basiskonstruktion des Schuhs in Ver­bindung mit der Schnürung ist dabei die halbe Miete, wie es so schön heißt. Aber eben auch nur ein Teil des machbaren.

 

Es soll zwar Schuhanbieter geben, die mit fünf oder gar sechs verschiedenen Weitenmodellen werben. Bei genauerer Betrach­tung sind diese Angaben in der Regel nicht einmal das Papier wert, auf dem sie ge­druckt sind. Andere raten zur x-beliebigen Einlegesohle.

 

Aber Vorsicht! Sicherheitsschuhe sind genormt. 

 

Um Beispielsweise die Norm für die Zehenschutzkappe zu erhalten, dient der soge­nannte Fallhammer-Test. Ein 20 Kilo schwe­rer Stahlblock kracht zu diesem Zweck aus einem Meter Fallhöhe auf die Schuhspitze nieder. Der verbleibende Abstand im sen­siblen Zehenbereich wird mit einer formba­ren Masse auf Zehntelmillimeter gemessen. Nur wenn der verbleibende Sicherheitsab­stand zwischen Sohle und Kappe für die Zehen erhalten bleibt, erfüllt der Schuh die Norm und schützt im Extremfall vor schwe­ren Verletzungen oder gar Amputation. 

 

Weil eine „normale“ Einlegesohle den Ab­stand zwischen Sohle und Kappe verringert, wird ebenso die Schutzfunktion geringer. Im Bedarfsfall auch ein versicherungstechnisches Problem. 

 

Einlegesohle mit Anpassung 

Wenn Einlegesohle, dann nur mit einem genormten System, wie etwa das geniale 3-Weiten-System von HAIX. Drei unter­schiedlich starke Einlegesohlen passen ergänzend zu seiner Grundkonstruktion den Schuh an nahezu jede Fußform per­fekt an. Die Schuhe erfüllen dabei weiterhin jede Norm. Das ist zertifiziert und wird in hauseigenen, hochmodernen Labors auch im Rahmen des Qualitätsmanagements ständig kontrolliert. Mehr Passform geht eigentlich kaum – dafür aber noch mehr Sicherheit. 

 

Wie? Das erklärt sich am besten an einem Beispiel: Ein Einsatzteam gerät unverse­hens in eine eskalierende Demonstrationssituation. Molotow-Cocktails fliegen. Plötzlich überall Flammen. Für die Füße kein Problem. Der Lederschuh schützt. Bei ext­remer, anhaltender Hitze durch Feuer zieht sich das Leder allerdings zusammen. Eine natürliche Reaktion. Im Normalfall werden die Füße in die Schuhe gepresst. Der Isolationsraum geht dabei verloren. Kommt es jetzt zur direkten Be­rührung des brandheißen Leders und der Haut, sind Ver­brennungen eigent­lich unvermeidlich. 

 

Eigentlich! Einem Spezialisten auf dem Feuerwehrstiefel- Sektor ist dieses Problem nicht unbe­kannt. Wir konnten die Konstruktion von Einsatzstiefel so auslegen, dass bei einer derartigen Extrembelastung die äußeren Nähte platzen. Der Stiefel verliert dabei nicht die Kontur und gibt weiterhin Halt. Der Fußinnenraum erhält aber wieder den nötigen Raum um auch alle Schutzfunktionen aufrecht zu erhalten. 

Ein Beleg mehr, wie wichtig auch in der Funktionsschuhproduktion Grundlagenfor­schung ist. Die Konstruktion eine Stiefels lässt sich vergleichen mit dem Fahrwerk eines Autos. Bei normaler Fahrt soll es sportlich-komfortabel sein. In der kritischen Situation aber müssen wir uns auf seine Fähigkeiten ohne wenn und aber verlassen können. Das gilt auf vier Rädern ebenso wie auf zwei Beinen. 

Andreas Himmelreich HAIX Schuhentwicklung